Gott hat einen guten Riecher
Welchen von unseren fünf Sinnen brauchen wir am meisten? Liebe Leserin, lieber Leser, wetten, dass 99 % von Ihnen sagen ’Natürlich das Sehen und Hören!‘? Würde ich selber meinen und weiß doch: Auch eine wache Nase ist gelegentlich unentbehrlich!
Und hat gerade im Frühling viel für sich: Was für eine Duft-Sinfonie aus Blühen & Grünen, erstem Heu, frischem Pferdemist von der Koppel, abends hier und da Grillgerüchen… Selbst mit geschlossenen Augen und im Dunkeln auf dem Balkon, im Garten teilen die Düfte einem mit, was da blüht, wo Holzkohle brennt oder – brrr! – Grillanzünder raucht, und was da Würziges brutzelt…

Bemerkenswert dabei: Unser Gehirn lässt uns über die Wahrnehmungen der Nase mit dem geistigen Auge sehen, dem geistigen Ohr hören, was wir riechen: die Blumen und Bäume, Leute im Garten um den Grill, wie sie reden, lachen, was Leckeres genießen. Die schnaubenden Pferde, die rötliche Glut, etc. Übers Riechen werden die entsprechenden, im Kopf gespeicherten Erinnerungen angetriggert mitsamt den dazugehörenden Gefühlen – Kopfkino. Funktioniert mit unseren anderen Sinnen natürlich genauso.
Wer besonders über die Nase ansprechbar ist, genießt vielleicht mal Aromatherapie. Zündet ‘ne Duftlampe an oder Räucherstäbchen. Wählt ein edles Parfum… Ganze Industrien leben davon, dass die einen diese Seife bevorzugen, andre jenes Duschgel, dieses Deo, jenes Rasierwasser: Körperpflege dient schließlich nicht nur der Hygiene! –
Der Geruchssinn kann unter Umständen sogar lebensrettend werden, für Mensch und Tier! Denn er funktioniert auch dann, wenn nichts zu sehen oder zu hören ist, z.B. als Warnung vor Feuersbrand. Oder wenn geschulte Hunde Vermisste, gar Verschüttete aufspüren. Oder Drogen, oder Verbrecher…
Überhaupt, die Tiere! Mit ihrer meist sehr feinen Nase wittern sie unfehlbar, was für sie wesentlich ist. Das prägt auch ihr Sozialverhalten. Ein Hund riecht, wer Angst vor ihm hat. Und wenn ein Fohlen, ein Kalb oder Lamm an Mamas Milchbar ranwill, erschnüffelt sie an der Schwanzdrüse, ob’s ihr eigenes ist.
Doch auch im menschlichen Miteinander spielt das Riechen eine wichtige Rolle: Dass man z. B. von einem geliebten Verstorbenen ein Kleidungsstück aufbewahrt mit seinem tröstlichen Duft darin. Vor allem jedoch braucht es im übertragenen Sinne den sprichwörtlichen „guten Riecher“! Um bei heiklen Angelegenheiten zu erspüren ‘Was sag oder tu ich nun da? Und wann, und wie? Oder besser schweigen, sich zurückhalten? Die wahre Spür-Nase kann sich in andere einfühlen und vom anderen her denken. Wenn sie dann noch Takt und Geduld beweist, ist viel gewonnen. Fazit: Unsere zwischenmenschlichen Beziehungen und das Riechen sind ein interessantes Feld für die Psychologie!
Ob man jemanden „riechen kann“ oder nicht, also Sympathie oder Abneigung empfindet, dafür lässt sich das Warum oft gar nicht ergründen. Manchmal können zwei einander gar nicht „riechen“, obwohl sie wesentliche Interessen und Eigenschaften gemeinsam haben. Zwei andere jedoch können sich prima riechen trotz großer Unterschiede, gar Gegensätzen.
Aber nun zum Titel dieser Gedanken: Selbst in Sachen Religion zählt, was für ein Duft in der Luft liegt.
Und da hat laut Bibel Gott die Nase vorn, schon in der Sintflut-Geschichte mit der Arche! Die rückt ja angesichts der Flutkatastrophen in jüngerer Zeit wieder mehr ins Bewusstsein. Nur bleibt der Schluss dieser berühmten Story oft außer Acht. Dabei enthält der den Clou, bis heute! Denn zum vollen Happy End kam es erst, als Noah an Gottes guten Riecher appellierte!
So wird in der Genesis erzählt: Die Flut ist überstanden, Familie Noah und die Tiere, nachdem sie monatelang in der Arche eingepfercht waren, haben wieder festen Boden unter den Füßen. Als erstes bauen sie einen Altar und bringen Brandopfer dar. Der Rauch steigt auf, und mit ihm bestimmt ganz viele Emotionen! Natürlich Dank und Erleichterung, verschont und gerettet zu sein. Aber sicherlich beben auch Schrecken und Angst von der Katastrophe noch in ihnen nach. Und – ob nicht auch die große Frage zum Himmel aufsteigt, wie Gott nur so Furchtbares zulassen konnte, und kann?! – Dazu die andere Frage:
’Wie geht es weiter mit uns hier auf Erden? Wie sicher sind wir? Worauf kann man sich verlassen? –
Noahs Rauchzeichen kommt an. Kommt voll an, ganz oben: „Gott roch den lieblichen Wohlgeruch und sprach in seinem Herzen…“ – aha! Es berührt ihn zuinnerst, dass die Menschen sich voll Ehrfurcht und Hingabe an ihn wenden trotz allem, was sie durchgemacht haben! Wobei er die Lage nüchtern bilanziert: ’Ich kenne sie. Ich weiß, wozu sie, unter anderem, auch fähig sind von klein auf: Mist zu bauen und allerlei Böses zu tun.‘ Trotzdem gibt Gott sein Versprechen: ‘Ich will wegen ihnen nie mehr verfluchen, was da lebt! Solange die Erde besteht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht‘.
Damals, so heißt es, sei zwischen Himmel und Erde der Bogen in den Wolken erschienen, das volle Spektrum leuchtender Farben, als Zeichen des ewigen Bundes: ein Regenbogen! – Seither hat sich dieser Bogen unzählige Male gezeigt. Um uns zu erinnern… Auch daran, dass Gott nicht nur sieht und hört, was in der Weltgeschichte passiert. Sondern dass ihm in die Nase steigt und zu Herzen geht, was uns betrifft.
Vor allem aber, ganz wichtig: Dass er uns gut riechen kann!
Verena Engels-Reiniger, Kurseelsorge
Artikel der Kurseelsorge in Ausgabe Nr. 10 von „Bad Wurzach Natürlich. Informativ“ vom 24. Mai 2025