Auch mit dem Guten
Gute Lektüre mit unserem Kurseelsorge-Artikel (in Ausgabe Nr. 2, der Bad Wurzacher Bürger- und Gästeinformation vom 25. Januar 2025)!
…auch mit dem Guten
Er hat alles probiert, der Wolfi. Mit drei hat er ‘nen Regenwurm verspeist und Schnecken auf seinem Arm kriechen lassen. „Igitt, eklig!“ von uns Nachbarskindern beeindruckte ihn nicht. – Nichte Ella hat mit 1 ½ ihr Häufchen auf meinen Küchenboden gesetzt und es interessiert untersucht. Tja, immerhin ihr Produkt, erklärte meine psychologisch fitte Schwägerin. – Großneffe Matti, 2, betastet und testet Uromas Zahnprothese: auch Zähne, aber komisch … – Alles erforschen, das tun viele Kids ohne Scheu: Könnte sich ja um was Gutes handeln! Und so praktizieren sie die Jahreslosung 2025:
„Prüft alles und behaltet das Gute!“ Die Bibel, 1.Thess 5,21
Übrigens hat der Wolfi vom Regen-wurm keinen Schaden davongetragen. Er ist am nächsten Tag wieder munter rumgesprungen und, wer weiß, vielleicht später Naturforscher geworden… Denn mit Erforschen ohne Vorurteile beginnt – die Wissenschaft! Dingen auf den Grund gehen in der Annahme, man könnte Nützliches herausfinden – und sei es, wie man Schaden vermeidet. Entdeckerfreudige Kids brauchen von den Großen Erfahrungswissen. Dass z.B. nicht alle verlockend roten Beeren gut sind. Wir Erwachsene aber brauchen, bei allem Verstand, immer wieder auch kindliche Unbefangenheit, um der Welt zu begegnen. Klar, sie ist mit Vorsicht zu genießen!
Wir erleben sie zwiespältig, ambivalent: einerseits wunderbar schön, andererseits unheimlich und gefährlich. Es gilt, ihr ganz offen und zugleich achtsam, wachsam zu begegnen: „Prüft alles…“! Die Tiere haben dafür ihren Instinkt, wir Menschen – unseren Grips: Wir, laut Bibel Gottes Ebenbild. Wir, ebenso wie der ganze Kosmos, von oberster Stelle mit Prädikat ausgezeichnet! Das Universum samt Erde mit allen Lebewesen, die gesamten Natur ist göttliche Kreation und deshalb erstmal gut. Sehr gut. So wird im 1. Kapitel der Genesis 7x ausdrücklich festgestellt.
Gegen manches Misstrauen, gegen Angst und Vorbehalt stellt Paulus klar:
„Alles was Gott geschaffen hat, ist gut, und nichts ist verwerflich, was mit Dank empfangen wird“. (1Tim 4,4) – Freilich gilt ebenso: „Alles ist erlaubt, aber nicht alles dient zum Guten!“ (1Kor 6,12).
Also prüfen, natürlich.
Und doch sollte man sich dieses ursprüngliche, prinzipielle „GUT“ bewahren. Es macht das Herz weit. Lädt ein, zu vertrauen mit offenem Blick, wo sich Gutes in der Welt entdecken lässt. – Ob‘s wohl damit zu tun hat, dass Begrüßung und Verabschiedung meist ‘nen guten Wunsch enthält?
„Guten Tag, guten Abend, gut Nacht! Gute Reise! Alles Gute! Mach’s gut!“
Jedenfalls bringt das in die Begegnung einen Vorschuss an Wohlwollen ein. Der kann zwar das Gewünschte nicht bewirken, drückt aber, wenn ernst gemeint, Freundlichkeit aus, und schon die hat ihren Wert. – Ein extra Fall ist das ständig zu hörende „Alles gut“: bisschen inflationär, find ich mittlerweile, und trau ihm nicht immer. Klingt mir gelegentlich zu beschwichtigend und vorschnell. Manches, das quer liegt, müsste richtig geklärt werden. Denn vieles ist eben nicht gut. Untern Teppich kehren führt nicht weiter. Drum prüfen, wann „alles gut“ wirklich passt.
Und trotzdem vertrauen. Am Urvertrauen zum Leben festhalten! Das scheint mir nötig, gerade weil wir um die Schäden, Gefahren und Nöte, das Schlechte und Schwere in der Welt wohl wissen. Trotzdem vertrauen, weil noch viel mehr Gutes drinsteckt. Die Wertschätzung dafür legt eine „Dennoch positiv-Haltung“ nahe: Wenn schon Gott dem Menschen vertraut. Die Erde anvertraut hat! Da ist Vertrauen ja auch in unseren Grips inbegriffen. Dass wir gut und schlecht unterscheiden können – und entsprechende Schlüsse draus ziehen.
Z. B. können die Nachrichtenflut, Vielfalt an Meinungen und zunehmend verbreitete Falschmel-dungen uns leicht überfordern und irreführen. Wir sind drauf angewiesen zu prüfen, was echt ist. Was den Fakten, was der Wahrheit entspricht. Was dem Leben dient. Tja, ein Spezial-Sieb, ein Filter, womit der ganze Mist an Fake, Täuschung, manipulativer Darstellung und raffinierter Lüge zuverlässig ausgesondert wird: das wär’s, hm? – Was wir dafür haben, sind immerhin unsere
Werte und Maßstäbe, unser Urteilsvermögen.
Um in konkreter Lage das Gute herauszufinden: oft ein anspruchsvolles Geschäft! Easy wär’s, würden alle dasselbe für gut halten. Dann hätten wir Frieden. Aber die Interessenkonflikte sind krass, Streit und Krieg ohne Ende. Auch weil man oft Vorurteilen folgt, die Leute einsortiert, vorschnell und nach Schwarz-Weiß-Schema bewertet. Übereinkunft ist nur durch Prüfen zu erzielen, durch Zuhören, sich breit informieren und Abwägen. – Anstrengend? Schon. Vieles scheint mehrdeutig. Man könnte fast fragen „Gibt’s das überhaupt, das eindeutige Gute?“
Nochmal O‘Ton Bibel: „Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist, was Gott von dir will: Gottes Wort halten, Liebe üben, aufmerksam mitgehen mit deinem Gott“ (Micha 6,8) Also die Gebote halten. Aber die sind auslegungsbedürftig. Hilft da „Hasst das Böse, hängt dem Guten an!“ weiter? Oder das ausgesprochen Sportliche „Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem!“ (Röm 12, 21)? Das hat Jesus ja konsequent praktiziert. Von ihm, und in vielen Religionen ähnlich, gibt’s die Goldene Regel:
„Alles, was Ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, das tut ihnen auch!“ (Matth 7,12)
Also als ethischer Maßstab „Goodwill“, guter Wille auf Gegenseitigkeit.
Denn wer wollte für sich nicht Gutes? Drum gilt‘s „auf Gutes bedacht zu sein gegenüber jedem“ (Röm 12,19), auch sich selbst. Z. B. Respekt, die Würde anderer achten, Gleichberechtigung. Wertschätzen und freundlich sein, verlässlich und hilfsbereit, ehrlich und sorgsam auch mit anderer Leute Sachen, Hab und Gut fair verteilen, nach dem Recht handeln etc. …
Alles, was Gerechtigkeit und Frieden dient, ist gut. Nur eben nicht immer leicht zu verwirklichen. So logisch und überzeugend „auf gegenseitig“ auch klingt, es greift oft nicht. Warum?
Würden wir das im Reli- oder Konfi-Unterricht diskutieren, dann wüssten die meisten Jungen schnell Gründe dafür. Und sie würden für Liebe als Lösung plädieren, idealistisch in Paulus Sinn: „Die Liebe tut dem Nächsten nichts Böses“. Aber realistisch sagt er auch: „Die Liebe sei ohne Falsch!“ – Tja, ein Kompass zum Guten in Kopf und Herz, das wär’s, nicht wahr?
Man muss ja mit allem rechnen. Auch mit dem Guten.
Gute Zeit, guten Weg, guten Mut Ihnen! Verena Engels-Reiniger