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Bild und Vorbild:

Gute Lektüre mit unserem Kurseelsorge-Artikel (in Ausgabe Nr. 21, der Bad Wurzacher Bürger- und Gästeinformation vom 09. November 2024)!

Die Hl. Elisabeth in den Blick genommen

Liebe Leserin, lieber Leser,

das Vorbild vom dem in den folgenden Zeilen die Rede sein soll, es ist schon vor langer Zeit gestorben: In der Nacht vom 16. auf 17. November, vor 793 Jahren.

Bild, das die Heilige Elisabeth zeigt, wie sie Matthias Grünewald dargestellt hatUnd doch lebt es fort, in den Herzen und Gedanken vieler Menschen. Selbst heute noch können wir uns ein Bild vom „ihm“, oder besser „ihr“ machen. Zum Beispiel indem wir eines betrachten, das (sich) ein anderer von Elisabeth gemacht hat; wie hier rechts zu sehen. (Es ist auf der Homepage der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe zu finden und dort als CC0-Lizenz frei verfügbar)

Sein Schöpfer, so berichtet es der Maler und Kunsthistoriker Joachim von Sandrart (1606-1688), ist „Matthias Grünewald“: „Dieser fürtrefliche Künstler hat zur Zeit Albrecht Dürers ungefehr Anno 1505 gelebet“.

Seinen ursprünglichen Platz hatte das Bildnis der Elisabeth auf „dem Altar von der Himmelfahrt Mariae in der Prediger Closter zu Frankfurt“. Genauer auf dessen Außenseite.

Mit „liecht in grau und schwarz“, d.h. im Grisaille-Stil, hatte Grünewald es gemalt. Er wandte diese Technik an, um seine Arbeit wie eine Skulptur erscheinen zu lassen. Zugleich wollte er ihr aber etwas Ikonenanmuten-des verleihen, in ihr gleichsam Ruhe und Lebendigkeit in eins bringen.

Betrachten wir das Werk genauer, so fällt auf, dass Feigenblätter den oberen Bildrand einfassen. Ganz oben steht demnach ein Sinnbild für die tätige Hilfe und die Wiederkunft von Christus. Von dort aus ist ein Zweig zu sehen, der links nach unten hängt. Dieser nähert sich dem Kopf der Heiligen und bildet damit den Anfang einer Diagonalen.

Welche wiederum nach rechts unten in die Ecke des Bildes führt – über Elisabeths geneigtes Gesicht, ihre linke Schulter und ihren linken Arm, die Kanne in dessen Hand, hin zu den Pflanzen. So gesehen stehen Gott und Welt durch die Heilige in Verbindung.

Die Haltung Elisabeths, sie deutet eine Bewegung an. Die rechte Hand, die ein Brot hält, sie streckt sich ein wenig nach vorn. Und dennoch greifen ihre Füße zu keinem Schritt aus. Machte sie das, so würde sie mitten im Pflanzengestrüpp stehen. Diese Blätter und Gräser erheben sich wie eine Wand vor Elisabeth. Zudem sind sie tief verschattet und in deutlichem Kontrast zu ihrem hellen Oberkleid.

Auf diese Weise entsteht während des Betrachtens das Gefühl, die Heilige und der rechte, dunkle Teil des Bildes seien zwei verschiedene Bereiche. Links im Bild Elisabeth, rechts ihr Schatten, „der beinahe aus den vor ihr befindlichen Pflanzen emporzuwachsen scheint und schließlich sogar das Bogenrund der Nische schwärzt.“

Trotzdem bilden die statischen wie auch die dynamischen Elemente dieser Gestalt eine Einheit, die einen nicht loslässt. Speziell der Kopf, seine Neigung und ihre Augen, der Blick, welcher daraus hervorgeht, sowie ihre rechte Hand, die sich vorstreckt, wollen einen Kontakt zu dem aufbauen, was zeitlich und räumlich gesehen vor ihr liegt.

Der Versuch Elisabeths Blick genauer zu fassen, ist jedoch nicht ganz leicht. „Zunächst wirkt er angestrengt, ja fast ein wenig misstrauisch“. Drehen wir aber selbst unseren Kopf, um uns auf diese Weise – jedenfalls äußerlich daran teilnehmend – der Haltung Elisabeths anzunähern, so erfahren und begreifen wir, „dass ihre Aufmerksamkeit in ruhiger und doch zuhöchst gesammelter Intensität nach innen gerichtet ist.“

D.h. sie hält inne, einmal um dadurch einen Impuls von Gott in sich fühlen zu können. Vor allem aber, um ihn mit der Welt, die sie umgibt, in Kontakt bringen zu können. Eben das ist es, was diese Gestalt so ein-drucksvoll macht: die zeitlose Kraft, die durch sie hindurch wirkt und sie zum Vorbild werden lässt. Und nehmen wir sie in Blick, dann vermag diese Kraft auch uns zu berühren.
In diesem Sinn wünsche ich uns für die kommende Zeit: den rechten Dreh, einen freien Kopf, um einen ande-ren Blick(-winkel) zu bekommen; und Momente des Innehaltens, damit Gott uns seine Impulse zu senden vermag.

Raimund Miller, Kurseelsorge


PS: Mehr über die Heilige gibt es hier ⇒ Link zu KiKa. Das Schauen lohnt sich – nicht nur für Kinder 😊