Donnerstag, November 20, 2025
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Septemberbrille: Der Sommer geht – Neues beginnt

Bild zeigt Stift, mit dem etwas geschrieben wirdLiebe Leserin, lieber Leser,

zwei Tage noch (mit Erscheinen dieses Heftes), und wieder fängt ein neuer Monat an. Übermorgen ist der erste September! Mit ihm kommt der Herbst. Und in drei Wochen sind Tag und Nacht gleich lang. Danach wachsen die Nächte und der Sommer geht.

Das ist okay, und ich mag den September. In ihm kann noch Sommer geschehen – wenn wir Glück haben: Barfußlaufen, im Freibad schwimmen, auf der Terrasse oder dem Balkon essen, abends noch mal draußen sitzen… Alles möglich.

Trotzdem finde ich es auch schade, dass der Sommer geht. Weil dann der Grundton melancholisch wird. Abschiedlich. Wie ein „kleines Herbstlied“. So singt es Konstantin Wecker, auf dem Album „Uferlos“ von 1993:

»Der Sommer geht vorbei / und all seine Lieder / legen sich bis zum Mai / zum Sterben nieder. || Der Sommer geht vorüber / mit ihm ein Fetzen Leben / die Tage merklich trüber / das Herz schlägt leicht daneben || Der Sommer geht dahin / die Frage wird zur Qual: / Wer weiß, ob ich noch bin / beim nächsten Mal? || Der Sommer geht vorbei / doch dieses Sterben / wird bald, wie nebenbei / ein Blühen werden.«

Der September setzt mir diese Brille auf – und ich staune. Doch gleichzeitig ist da noch etwas, merke ich. Und dieses ‘Etwas’ ist schön – wie in folgendem Gedicht:

»Das ist ein Abschied mit Standarten
aus Pflaumenblau und Apfelgrün.
Goldlack und Astern flaggt der Garten,
und tausend Königskerzen glühn.

Das ist ein Abschied mit Posaunen,
mit Erntedank und Bauernball.
Kuhglockenläutend ziehn die braunen
und bunten Herden in den Stall.

Das ist ein Abschied mit Gerüchen
aus einer fast vergessenen Welt.
Mus und Gelee kocht in den Küchen.
Kartoffelfeuer qualmt im Feld.

Das ist ein Abschied mit Getümmel,
mit Huhn am Spieß und Bier im Krug.
Luftschaukeln möchten in den Himmel.
Doch sind sie wohl nicht fromm genug.

Die Stare gehen auf die Reise.
Altweibersommer weht im Wind.
Das ist ein Abschied laut und leise.
Die Karussells drehn sich im Kreise.
Und was vorüber schien, beginnt.«

Bild, das ein sich drehendes Karussell zeigt
„Die Karussells drehn sich im Kreise. Und was vorüber schien, beginnt.“ (Foto von „MoreLight“, Pixabay)

Farbenfroh und gut gelaunt, ein Abschied laut und leise – so bedichtet Erich Kästner hier den September (in seinem Buch „Die 13 Monate“). Und was vorüber schien, beginnt. Mit anderen Worten: In diesem Monat dreht sich jedes Jahr weiter zu etwas Neuem. So wie im Karussell auf dem Bild.

Doch was beginnt, was kommt im September? – Für viele Kinder und deren Eltern, aber auch für Studierende des Lehramts – ganz neu die Schule; für größere Kinder eine neue Schule; und für Jugendliche sowie Lehrkräfte startet die Schule wieder aufs Neue.

Für viele junge Leute kommt jetzt ihre Ausbildung. Für viele Erwachsene jüngeren und mittleren Alters kommt der Neustart in einem anderen Betrieb, oder eine neue Aufgabe im alten; während für viele ältere jetzt das da ist, von dem sie gar nicht dachten (aber insgeheim hofften?), dass es so schnell kommen würde – die Rente.

Auch religiös bzw. gläubig betrachtet, ist die Frage spannend, was kommt und was beginnt? 2025 für Jüdinnen und Juden das Neujahr, welches vom 23. bis 24. September als Fest gefeiert wird. – Ganz ähnlich im orthodoxen Christentum. Am 08. September beginnt dort das Kirchenjahr.

Weshalb? Maria ist dafür ausschlaggebend. Denn dieses Datum wird als ihr Geburtstag betrachtet. Der Grund: 9 Monate vorher wird das Fest gefeiert, da sie unbefleckt empfangen wurde. – Wenngleich dieses Fest auch für die katholische Kirche wichtig ist, so geht doch für katholische wie auch evangelische Christ*innen im September schlicht „nur“ das Kirchenjahr weiter.

Und worauf blicken Musliminnen und Muslime diesen Monat? Vielleicht auf Mohammeds Ankunft in Medina – am 24.09.622 – nachdem er aus Mekka ausgewandert war. Oder auch auf seinen Geburtstag, welcher dieses Jahr wegen des Mondkalenders vom 04. auf den 05. September begangen wird – u.a. mit Umzügen und Jahrmärkten.

In diesem Sinne: Alles Gute zum Geburtstag; Gottes Segen und „Schana Tova“ fürs neue (Kirchen)Jahr! Überhaupt allen, für die etwas Neues beginnt, dafür die besten Wünsche – kommen Sie gut hinein! Und schließlich all denen, die dieses Wochenende in Bad Wurzach sind: ein fröhliches Stadtfest!

Raimund Miller, Kurseelsorge


Artikel der Kurseelsorge in Ausgabe Nr. 17 von „Bad Wurzach Natürlich. Informativ“ vom 30. August 2025