Was macht ‘ne gute Ehe aus?
dazu hätten Sie bestimmt Interessantes zu sagen … Wenn ein Paar es erlebt und Lust + Kraft hat, sein 25., 50. oder noch höheres Ehejubiläum zu feiern, kann man nur ahnen, was da gewachsen ist an erfülltem Leben… Manche würden sagen, doch, wir sind ein gutes Team geworden. Andere den Spruch zitieren „Liebe ist, wenn du mich verstehst, obwohl ich es selbst grad nicht kann“. Meine Mutter nannte es mal ein tiefes Miteinander-vertraut-geworden-sein.
Man hat Krisen durchgestanden, Zeiten der Entfremdung. Hat gelernt, einander in aller Verschiedenheit zu achten und zu ertragen. Über Probleme zu reden, zu streiten, bestenfalls fair, statt frustriert stumm nebeneinanderher zu wursteln. Kompromisse zu finden. Einander Freiraum zu lassen. Zu helfen. Immer wieder zu vergeben. … Also einfach, oder manchmal gar nicht so einfach, zusammengehalten in guten und schweren Tagen. Eben das ganze volle Leben geteilt!
Doch, eine gelungene Ehe ist etwas Großes! Weshalb ihre Jubiläen nach den edelsten und stärksten Materialien heißen: Silberne, Goldene, Diamantene, Eiserne, Steinerne und endlich: Gnade! D i e braucht es aber jederzeit. – Gnade war’s auch bei einem Ausnahme-Ehepaar, dessen 500ster (!) Hochzeitstag sich 2025 jährt:
Im Sommer 1525 heirateten Martin Luther und Katharina von Bora – damals spektakulär: “Ex-Mönch ehelicht Ex-Nonne“, ein gefundenes Fressen für die Skandalpresse. Doch weder geheime Leidenschaft mit Folgen noch romantische Liebe führte sie zusammen, vielmehr ganz praktische Gründe. Desto bemerkenswerter:
Es wurde ein Lebensbund voll Zuneigung und Wertschätzung trotz aller Widrigkeiten: Luther, über den die Reichsacht und der Kirchenbann verhängt war, konnte nur im Schutz seines Landesherrn (über-)leben, herausgefordert und angefeindet von vielen Seiten. – Katharina war, weil sie das Kloster verlassen hatte, von ihrer Familie verstoßen und, alleinstehend ohne Vormund, als Frau keine Rechtsperson, daher auch ohne Möglichkeit, ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Er als Mann konnte, zumal dank seiner Professur an der Universität Wittenberg, für sich existieren…
Die meisten aus dem Kloster entflohenen Nonnen wurden in wohlhabenden Bürgerhäusern aufgenommen und alsbald „an den Mann gebracht“. Katharina v. Bora jedoch, die bei der Künstlerfamilie Cranach wohnte, lehnte zwei ihr angetragene Partien ab – sie hatte Luther im Sinn! Der aber hielt sie zunächst für stolz und hoffärtig, musste auch erst drauf gestoßen werden, dass er als nötige praktische Konsequenz seiner reform-theologischen Theorie heiraten sollte! Endlich tat er’s und kam alsbald auf den Geschmack.
Damit bekräftigte er, dass Askese, Klosterzucht und Zölibat kein höherer Weg zur Seligkeit sei. Die kann eh nicht fromm verdient werden, sie ist gratis, Geschenk aus Gnade, in welcher Lebensform, welchem Beruf auch immer man aus Glauben Gott dient. – Lästermäuler unterstellten wollüstiges Begehren als Motiv für ihre Eheschließung. Prangerten den Bruch der Ordensgelübde als Kotau vor dem Teufel an. Die kirchlichen Autoritäten freilich begriffen genau den Skandal: Die Kirchenlehre für ungültig erklärt, indem er aufgrund der Bibel lehrte: Ein gottwohlgefällig‘ Leben geschieht nicht in (klösterlicher) Absonderung fern der Welt, sondern mitten im vollen Leben, wozu natürlich die Sexualität gehört.
Nicht nur als „Triebregulierung“ in „gesetzlich erlaubtem Rahmen der ehelichen Verbindung.“ Nicht nur, um Kinder zu zeugen. Sondern Sexualität als Fähigkeit, einander Lust zu bereiten. Körperlich-seelisch sich zärtlich nah, ja, intim zu sein, Leidenschaft und Wonne zu genießen. – Wie oft sich die ehelich‘ Umarmung gebühre, dazu viel zitiert: „In der Woche zwier (= 2x), schadet weder mir noch dir, macht im Jahr einhundertvier“! Natürlich mit Kindersegen, 6-fach bei Luthers. Dazu sagt er mal: „Ach Gott, bin zwar gewiss, dass du mich als einen Mann geschaffen und von meinem Leib die Kindlein gezeugt hast. Doch ob ich auch würdig bin, sie zu wiegen, ihre Windel zu waschen oder die Mutter zu pflegen? Ich wollt’s wohl gerne tun, auch wenn‘s gering geachtet wär.‘ –
Im Lauf weiterer Ehejahre: “Eine Frau ist der best‘ Gefährte fürs Leben. Es gibt kein lieber‘ Ding auf Erden als Frauenliebe…“ Denn sein „Herr Käthe“ schuf auch wohltuende Ordnung: Raus mit dem verfaulten Strohsack! Haus, Garten und Hof in Schuss gebracht, Hab und Gut aufs best‘ verwaltet und vermehrt! Zudem braute sie Bier, was er sehr schätzte und von daher rät: „Will man heiraten, so frage man nicht nach dem Vater, sondern nach des Mädchens Mutter! Warum? Weil das Bier im allgemeinen nach dem Fass riecht!“ – Sogar aus schweren Depri-Phasen half sie ihm psychologisch-theologisch gewitzt heraus!
Kein Wunder, dass er bilanziert: „Nicht um Frankreich und Venedig willen würde ich meine Käthe hergeben! Gott hat mir eine Frau geschenkt, deren Segnungen vielmals größer sind als ihre Schwächen!“ – Er starb 6 Jahre vor ihr. Im einzigen von Katharina erhaltenen Privatbrief schildert sie ihren Schmerz: „Ich kann weder essen noch trinken noch schlafen. Hätt ich ein Fürsten-, gar Kaisertum verloren, wär ich nicht so traurig wie jetzt, da unser Herrgott mir diesen lieben, teuren Mann genommen hat. Ich kann vor Leid und Weinen, wie Gott wohl weiß, nit reden noch schreiben“.
Artikel der Kurseelsorge in Ausgabe Nr. 14 von „Bad Wurzach Natürlich. Informativ“ vom 19. Juli 2025
