Donnerstag, April 18, 2024
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Klug, fantasie- und liebevoll – Antonie Nopitsch

Gute Lektüre mit unserem Kurseelsorge-Artikel (in Ausgabe Nr. 1, der Bad Wurzacher Bürger- und Gästeinformation vom 08. Januar 2020)!

Klug, fantasie- und liebevoll –Antonie Nopitsch (+ 10.01.1975)

Frauen stärken

Weil Mütter Hilfe brauchten, gründeten vor mehr als 80 Jahren die ev. Frauenverbände Bayerns eine „Mütterhilfe“. Vorbild war die Schlesische Frauenhilfe und deren Zielsetzung: Waren Mütter erschöpft, so wurden sie in Erholungsheime der Ev. Kirche geschickt – wo sie sich ausruhen und neue Kraft gewinnen konnten – um dann den Alltag mit seinen Anstrengungen bewältigen zu können. Neben dem wurden die Frauen in Hauswirtschaft und Erziehung unterrichtet, um sie in ihrem Wirken zuhause und als Mütter unterstützen zu können.

Hinter diesem Bestreben stand Dr. Antonie Nopitsch. Sie war als Lehrerin tätig und bildete für die ev. Kirche Fürsorgerinnen aus. Doch auch damals schon wurde eingespart und ihre Stelle gestrichen. Nopitsch, die in nationaler Ökonomie promoviert hatte, ließ sich davon jedoch nicht beeindrucken. Im Gegenteil, sie beschloss, diese Idee von Prävention und sinnvoller Arbeit auch in Bayern zu verwirklichen – und Frauen wie Familien zu stärken.

Ein Werk damit Mütter genesen

Die Idee fand schnell Unterstützung, und das von mehreren Seiten. Öffentliche Stellen wie auch evangelische Kirche wollten Müttern eine neue soziale und politische Aufmerksamkeit schenken, v.a. aber eine sinnvolle Gestalt geben – dafür sahen sie in Nopitschs Vorhaben die passende Möglichkeit. – Nur wenige Monate und der Bayerische Mütterdienst war entwickelt. Dank einer Vielzahl von Mitarbeitenden konnten hunderte Mütter sich erholen und sog. Mütterschulungskurse gegeben werden. In ev. Kirchengemeinden wurden zugleich sog. Mütterdienstbeauftragte benannt, um den gesamten Prozess zu unterstützen. Meist waren das Pfarrfrauen, die mit ihren Kontakten als Netzwerkerinnen dienten.

Allerdings zeigte sich neben dieser Entwicklung recht bald, dass die erschöpften Frauen mit der Zeit, die sie in und zur Erholung hatten, nichts anzufangen wussten. Entsprechend wurde darauf reagiert: Man entwickelte ein Kurkonzept und bildete Kurleiterinnen aus. All das fand ab den 1950er Jahren öffentliche Anerkennung und v.a. eine Verankerung in der deutschen Wohlfahrtspflege – durch das Müttergenesungswerk.

Durch Glauben widerstehen

Von langer Dauer war die Zusammenarbeit mit der nationalsozialistischen Volkswohlfahrt und der Frauenschaft nicht: Für die Nazis war die Mütterhilfe eine Gelegenheit, Frauen, die bisher unpolitisch waren, zu erreichen und v.a. zu beeinflussen. Deshalb verboten sie die kirchliche Schulung von Müttern. Entsprechend reagierte Antonie Nopitsch mit ihren Mitarbeiterinnen und konzentrierte sich auf den christlichen Glauben: Mütterschulungen wurden zu Frauenbibelkreisen. Auf diese Weise wurde die Urteilskraft der Frauen gestärkt und sie erhielten geistliche Begleitung in einer Zeit, die von Krieg und Kirchenkampf geprägt war.

Um ihre Arbeit finanzieren zu können, gab Nopitsch eigene Veröffentlichungen heraus, wie z.B. einen Mutterkalender und eine Frauenzeitschrift. Massiven Einschränkungen zum Trotz überstand das Werk den Zweiten Weltkrieg und widmete sich nach Kriegsende der Unterstützung der vielen Flüchtlinge, die nach Bayern  gekommen waren: Mütterabende in Flüchtlingslagern, Erholungsmaßnahmen für völlig erschöpfte Frauen und Ideen zur Beschaffung von Arbeit wurden entwickelt. Außerdem wurde die Frauenarbeit politischer und Noptisch Mitglied in zahlreichen Gremien.

Mit der Welt beten – vor Ort arbeiten und leben

Dadurch, dass Antonie Nopitsch im Bereich Frauenarbeit weltweit über Kontakte verfügte, schaffte sie es, den Weltgebetstag in die BRD zu bringen; wo er seit 1949 immer am ersten Freitag im März gefeiert wird. – Außerdem fand das Werk in Stein eine neue Zentrale; nachdem das Büro in Nürnberg während der Bombennacht 1945 zerstört war. In Stein erhielten auch die Gemeindehelferinnen für ihre Ausbildung ein neues Zuhause. Seit nun 82 Jahren ist das Werk (2002 in FrauenWerk Stein umbenannt) ein Ort, an dem Frauen gestärkt werden: Für ihr Leben in Familie, Kirche und Gesellschaft.

Raimund Miller, Kurseelsorger